Strassburg will Hauptstadt von Europa sein. Aber ist es denn Hauptstadt des Elsass? Gibt es in dieser  Stadt außer der „Choucrouterie“, dem Elsässischen Theater und einigen zweisprachigen Straßenschildern noch Zeichen der Sprache und der Kultur  dieser Region? Wie ist denn die Vorstellung einer grenzübergreifenden Stadtgemeinschaft in der Öffentlichkeit sichtbar? Wo kann die Frage der Identität des Elsass und des Oberrheins diskutiert werden?

Das elsässische Kulturzentrum will auf diese Herausforderung eine Antwort geben. Gegründet durch die René-Schickele-Gesellschaft, bietet es gemeinsam mit anderen Partnern einen Ort, der diesen Fragen gewidmet ist.

Unsere Initiative hat das Ziel, einen lebendigen Raum zu schaffen, indem sich die drei Sprachformen der Region ausdrücken können: Französisch, Deutsch und Mundart, in der Form von Gesprächsforen, Vorträgen, Lesungen, kulturellen Stammtischen, Ateliers, Ausstellungen,  Animationen und für Kinder Vorlesen und Sprachspielen, usw.

Die Themen, die wir angehen, stammen aus den Bereichen Geschichte, Literatur, Kunst, Religion, Politik, Philosophie, Recht, Sprache, usw. Auf allen diesen Gebieten soll die regionale Dimension hervorgehoben werden.

Wir wollen die Bewohner der Region ermutigen, sich ihrer gemeinsamen Geschichte und ihrer angestammten Sprache, sowie der Gemeinschaft diesseits und jenseits des Rheins,  sich wieder bewusst zu werden, sich miteinander verbunden zu fühlen, und zusammen Zukunftsvisionen zu verwirklichen.

Wir wollen der Frage nachgehen: Was bedeutet es heute, Elsässer zu sein?

Ohne eine endgültige Antwort auf diese Frage geben zu wollen, glauben wir, dass wir an den von René Schickele entwickelten Begriff des“ geistigen Elsässertums“ anknüpfen können: Elsässer ist, wer dieses Land liebt und bereit ist, sein Erbe anzunehmen.

Zu oft wird heute der Ausdruck „Kultur“ gleichgesetzt mit Freizeitgestaltung oder Vergnügen. Uns geht es dabei um einen Bezugsrahmen von Werten und Lebensorientierung. Regionalkultur ist das, was der regionalen Gesellschaft ermöglicht, sich zur eigenen Geschichte und Sprache zu bekennen, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und ein der Welt zugewandtes Zukunftsprojekt zu entwickeln. Nach dem Beispiel des großen Elsässers Albert Schweitzer ist die Kultur, die wir mit dem Elsass identifizieren, durch geistige und humanistische Einstellung, Ehrfurcht vor dem Leben und der Natur, Verantwortungsbewusstsein, Arbeitsinn, aktive Solidarität, Achtung gegenüber den Anderen und Annerkennung der Andersartigkeit charakterisiert.

Nach unserer Überzeugung liegt die Eigenart des Elsass seit Jahrhunderten nicht so sehr in Traditionen oder in einem sogenannten Volkstum, dessen Wert wir übrigens nicht verkennen wollen, sondern im Zusammentreffen der französischen und deutschen Kultur, die das Oberrheingebiet auszeichnen. Das ist die echte Identität des Elsass: den Zugang zur  der französischen wie zu der deutschen Kultur, der Wille sich beiden zu öffnen und die Fähigkeit, beide in ihrer tiefsten Natur zu verstehen.

Gegen die Mächte, die diese Sprachen eine gegen die andere aufdrängen wollten, wollen wir die kulturelle und sprachliche  Zweiheit,  die unser Wesen ausdrückt, bewahren. Sie ist kein Widerspruch mehr sondern eine Chance. Sie gibt uns die Fähigkeit, zwei Geisteswelten zu verstehen und an ihnen im Innersten teilzuhaben.

Unsere Ziele sind also Rückgewinnung eines regionalen Bewusstseins,  Wiederaneignung unserer Geschichte, Entwicklung der Zweisprachigkeit und der doppelten Kultur, Überwindung der Grenze und Verstärkung der Identität des Oberrheins, Rückbesinnung auf die geistigen Werte die das Erbe dieser Region darstellen.

Wir wollen die praktischen Bedingungen diskutieren, die heute notwendig sind, diese Ziele zu verwirklichen. Dazu gehört die Stärkung der lokalen und regionalen Demokratie durch Verlagerungen von Kompetenzen an unsere Region. Die Förderung unserer kulturellen und sprachlichen Identität erfordert mehr starke Autonomie in den Bereichen der Erziehung, der Kultur, der Medien und der Organisation der öffentlichen Dienste. Wir wollen die Wege diskutieren, die zu diesen Reformen führen können. Information und Unterricht über die wahre Geschichte unserer Region sind unerlässlich, wenn sich die Bewohner dieser Region darin erkennen sollen. Um den gesellschaftlichen Zusammenhang zu stärken, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln, um Stabilität im Übermittlungsprozess zu erreichen, ist der Geschichtsunterricht entscheidend. So können wir alle, die in diesem Land leben, dazu beitragen dass sie es lieben und uns als seine Erben betrachten.

Die Wiedergewinnung einer effektiven zweisprachigen Kompetenz, dank eines effektiven zweisprachigen Unterrichts, wird das Elsass in die Lage versetzen, seine historische rheinische Berufung, die gegenwärtig zum größten Teil nur Theorie ist, in die Wirklichkeit umzusetzen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit setzt voraus, dass wir tatsächlich unsere Nachbarn in ihrer Sprache und Kultur, die auch unsere sind, kennen und verstehen.

Die regionale Identität ist für uns keine Gegebenheit sondern ein Projekt für die Zukunft, an dem alle Bewohner dieser Region, ungeachtet ihrer Herkunft gemeinsam arbeiten sollen.

Jean-Marie Woehrling
Centre Culturel Alsacien – Elsässisches Kulturzentrum

5 bd de la Victoire 67000 STRASBOURG
Tél. :+33 (0)3 88 36 48 30
Mail : elsassbi@gmail.com
www.centre-culturel-alsacien.eu

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